von Stevie Sunshine » Mo 6. Jul 2009, 07:26
Jutnmorgen.
Ich denk grad über die Struktur von Dingen wie "Opfersein" und "Tätersein" in seelischen Strukturen nach. Und Macht und Ohnmacht, was damit zusammenhängt.
Früher hab ich oft darüber auch nachgedacht, inwiefern Jesus "Opfersein" mit solchen Strukturen auch zusammenhängt. Aber manchmal bin ich nicht ganz damit auf Kinder bezogen klargekommen, weil Jesus ja innerlich mächtiger und unabhängiger war als eben z.B. ein totales Opfer wie ein missbrauchtes oder vernachlässigtes Kind, das auf die menschliche Gnade auch erstmal angewiesen ist. Aber darüber möcht ich mich jetzt nicht konzentrieren, auf die Prozesse dort.
Jedenfalls, nur um mal auf ein Vergessen von den üblen Dingen, den ohnmächtig machenden im eigenen Erleben zu kommen: Früher hab ich vieles dazu gelesen, was Menschen z.B. dazu bringen könnte unendlich grausame Dinge zu tun. Natürlich kann man da nicht ein paar wenige Ursachen klar erkennen, ist sicher vielschichtig, aber in allem, was ich gelesen hab (hab vor ca. 10 Jahren mal alles gelesen, was die Unibibliothek hergab an Büchern über Gewalttäter und Gewalt an Kindern, seelisch oder körperlich und in der Geschichte und Gutachten über Menschen wie Kinderschänder, sogar vereinzelt etwas über eigene Aussagen von Kindermördern oder Gewalttätern, was sie sagten, was sie innerlich so antrieb und was sie befriedigte), da sah man nach einer Weile die Struktur, dass nicht immer, aber fast immer ein Gewalttäter, dem es sehr wichtig war ein besonders ohnmächtiges Opfer zu haben, dass er quälen konnte, dass dieser selbst innerlich ein Opfer war, aus eigener Erfahrung, und diese Dinge nicht eben "aufgearbeitet" hat und eben nur einfach vergessen wollte, was da bei ihm selbst los ist. Nach aussen hin schien es oft zu funktionieren, das Leben war oft vorzeigbar (netter Nachbar), das Vergessen schien zu gehen, aber immer wieder kam etwas innerlich zum Vorschein, was nicht zu verdrängen war. Und dann bricht es irgendwann doch wieder los in brutalster Gewalt, dem Wunsch eigentlich endlich das Opferdasein, den Schmerz der Erniedrigung von früher etc., loszuwerden und das dann oft über Äusseres, dadurch, dass man sich ein Spiegelbild sucht im eindeutigen Opfer (ein Aussenseiter, am besten ein Kind) und dieses quält, eigentlich das eigene Kind in sich quält, dass es am besten stirbt oder seelisch tot wird, dass man es nicht mehr spüren muss, eine einzige Projektion von eigenen Verdrängungen und dem wahnsinnigen Versuch durch die Projektion irgendwas bei sich zu erreichen. Aber es funktioniert nur kurz, man muss immer wieder quälen.
So denk ich, dass "Tätersein" und "Opfersein" eben oft eng verknüpft sind, in einem einzigen Menschen, wenn eben NUR vergessen wird ohne jegliches Aufarbeiten und eben dann loslassen (wenn man aufgearbeitet hat) - deswegen find ich es immer bedenklich, wenn, Wege auslassend, von Vergessen geredet wird, weil es in den Fällen, wo wirklich Dinge weggedrückt werden, dann zu schnell kranke Sublimierungen geschehen, die zu neuen Teufelskreisen von Opfern und Tätern führen würden.
So ist eben auch letztlich das Abendmahl so ein Akt gegen das Vergessen, gegen das Vergessen wozu die menschliche Seele in Taten (Quält und kreuzigt das Unschuldige und die Masse freut sich dann noch oft im Wahn des Vergessens im Sinne von Verdrängung und im Wahn des ewigen Kreislaufes des Opferkultes, der nie aufhört, wenn er äusserlich ist) fähig ist. Für mich ist das "Getauftsein in den Tod" auch zum Teil das Reinsinken in das Wesen des Opferseins (Jesus im Gequältsein und im Sterben), das man in sich trägt (durch die Ohnmacht in dieser Welt und von vielen in der Kindheit mit den Abhängigkeiten auch oft krass erlebt und dann verdrängt - dabei ohnmächtig bleibend) und das Aufstehen dann durch die Überwindung durch Liebe (Gott) und nicht durch den ewigen Kreislauf von weiteren Opferungen und dem sublimierten Tätersein in der kranken Art der Verarbeitung von Schuld und Scham.
Ich weiss, dass wohl viele mit Vergessen eben nicht Verdrängen meinen, aber vielleicht lesen gar manche es so und denken leider, dass es ein supi Weg wäre alles zu verdrängen, aber es ist manchmal richtig mörderisch oder selbstmörderisch immer nur alles zu verdrängen. Verarbeiten von so vielem an innerem Psychodreck ist manchmal leider notwendig, damit man auch nicht immer wieder die gleichen Fehler macht und damit man überhaupt weitergehen kann, statt nur im Kreis, den man für das Weitergehen nur hält (etwa, wenn man meint, man wäre weiter, weil man etwas Neues erlebt, aber dann merkt man, dass wieder dieselben Probleme und Ängste auftauchen in der Beziehung oder dem Erlebnis, also war es wohl doch wieder ein Kreis, obwohl man so hoffte, dass es dieses Mal was Neues wird).
Ich selbst merk, wahrscheinlich weil ich total schwer von kapito bin, dass ich ganz viele Erfahrungen mehrmals mache und immer wieder auf dieselben Strukturen reinfalle (dass jemand Macht über mich bekommt und ich Dummkopf denk dann, dass es diesmal gut ausgeht, weil dieser Mensch dann diese Macht dieses Mal nicht ausnutzt und immer wieder geht es nicht auf, weil die Struktur im Aussen es nicht löst, ich selbst muss aus der Ohnmacht kommen, nicht der Mächtige diesmal netter sein als der letzte Mächtige) - aufarbeiten, alles fühlen, was da ist, und endlich aus den Strukturen rauskommen - ab dem Punkt kann Vergessen und Vergeben erst geschehen, sonst ist es nur Reden, unwirksame Worte und Gedanken, keine tiefe Bewusstwerdung von Dingen, die man da eigentlich sagt und will.
Luv, ein immer noch viel zu unbewusstes Menschenkind und Gnade erhoffend, ob all der Dinge, die ich grad noch nicht tragen kann, und hoffend, dass ... irgendwann alles gut ist.
Ich bin für Liebe.