Einwände gegen DIE PASSION CHRISTI:
Ist es wahr, wie es war?
Der theologische Berater des Films gibt Antwort
(GEFUNDEN AUF http://www.youmagazin.com)
© Constantin
Im folgenden Interview mit dem „National Catholic Register“ sprach P. Thomas Williams LC, theologischer Berater von Mel Gibsons Film “The Passion of the Christ”, über die historischen und theologischen Aspekte des Films.
NCR: Ist es wahr, wie manche Bibelforscher und Medien-Gelehrte behaupten, dass „The Passion of the Christ“ voller historischer und theologischer Irrtümer ist?
P. Williams: Gibsons Film wurde einer beispiellosen, noch nie da gewesenen Prüfung unterzogen, um mögliche Fehler in seiner Darstellung des Leidens und Todes Christi zu finden. Das war zu erwarten, wenn man die Bedeutung des Themas ermisst. Trotz dieser Anstrengungen grenzen die kleinlichen Haarspaltereien vieler seiner Kritiker an den Rand der Lächerlichkeit. Beschwerden über die verwendeten Sprachen, die Höhe des Kreuzes, die Haarlänge Jesu, die Größe der Menschenmenge vor Pilatus im Prätorium und die Platzierung der Nägel in den Händen Jesu scheinen merkwürdig trivial angesichts der größeren Botschaft des Films.
Viele dieser Details kennen wir einfach nicht und wir können sie auch nicht mit absolut historischer Sicherheit wissen. In derartig unklaren Fällen sind unterschiedliche Interpretationen gerechtfertigt. Tatsache ist, dass die einzige Quelle für die meisten dieser Themen die Erzählungen der Evangelien selbst sind. Wir haben keine Fotos von Jesus, keine zeitgenössische Biographie von Pontius Pilatus und keine expliziten Aufzeichnungen vom Prozess Jesu außerhalb der Evangelien.
Andere Theorien darüber, wie sich die Dinge zugetragen haben könnten, öffnen interessante Wege für die Spekulation, verlangen jedoch keine intellektuelle Zustimmung.
Wenn man einige kategorische Behauptungen liest, wie die Dinge gelaufen sein müssen, würde man denken, die Gelehrten hätten umwerfendes historisches Datenmaterial enthüllt, was Jesu Tod begrifft. Wenn man jedoch unter die Oberfläche schaut, erkennt man, dass einige exegetische Hypothesen auf überraschend spärlichen Textquellen beruhen sowie einem großen Anteil an Vermutungen.
NCR: Könnten Sie einige Beispiele geben? Wie schaut es mit der Platzierung der Nägel bei der Kreuzigung aus? Wurden sie nicht in Wirklichkeit in die Handgelenke geschlagen?
P. Williams: Gibson hat nicht einfach aus der Hüfte heraus geschossen, sondern diese Frage eingehend erforscht, ehe er sich entschied, die Handflächen zu nehmen. Viele Forscher denken heute, dass die Nägel durch die Handgelenke Jesu getrieben wurden und nicht durch die Handflächen, hauptsächlich deswegen, weil das Gewicht des menschlichen Körpers nicht von den Händen getragen werden kann.
Das Turiner Grabtuch verleiht dieser Hypothese Glaubwürdigkeit, da es rund um die Handgelenke Blutspuren aufweist. Andererseits erklärt Thomas im Johannes-Evangelium, dass er nicht glaubt, wenn er nicht die Male der Nägel „an seinen Händen“ sieht; Jesus lädt ihn dann ein, seine Hände zu untersuchen. Wie auch immer, es bleibt eine gewisse Unklarheit, da das griechische Wort auch in einem allgemeinen Sinn verwendet werden kann, um sogar die Hand und den Arm zusammen zu benennen.
Im Lauf der Geschichte haben Stigmatisierte wie Franz von Assisi oder Padre Pio die Wunden Christi auf ihren Handflächen getragen, und die traditionelle christliche Ikonographie platziert fast immer die Nägel auf den Handflächen und nicht auf den Handgelenken Jesu.
Ein menschlicher Körper könnte außerdem von den Nägeln in den Handflächen getragen werden, wenn sie zusammen mit Seilen verwendet werden. Angesichts dieser unvollständigen Daten hat sich Gibson dafür entschieden, dass die Nägel die Handflächen Jesu und nicht die Handgelenke durchbohren.
NCR: Und die Größe der Menschenmenge im Pätorium vor Pilatus? Einige Theologen haben festgestellt, dass nur eine Handvoll Leute da war und nicht die Menge, die Gibson zeigt.
P. Williams: Wiederum: Niemand weiß mit Sicherheit, wie viele Leute anwesend waren. Das einzige, worauf wir uns beziehen können, sind die Berichte der Evangelien. Der heilige Matthäus spricht von „vielen Menschen“ oder einer „Menge“; er verwendet hier das gleiche griechische Wort, das er anderswo nimmt, um die Menge zu beschrieben, die gekommen war, um Jesu Lehre zu hören oder zur Speisung der 4000 Menschen (Mt 15). Dieser Begriff ist vage genug, dass viel Platz für Interpretationen bleibt.
Matthäus spricht auch von einem Aufruhr, der im Prätorium begann, was vermittelt, dass es eine recht beachtliche Versammlung gewesen sein muss, da 20 oder 30 Leute kaum einen Aufruhr verursachen können. Die anderen synoptischen Evangelien, Markus und Lukas, sprechen ähnlich wie Matthäus von einer „Menge“. Sie verwenden den gleichen griechischen Begriff, während Johannes nur von „den Juden“ spricht, ohne detailliertes Zahlenmaterial zu geben. Gibsons Schilderung scheint eine plausible Darstellung von dem zu sein, was tatsächlich passiert ist.
NCR: Ist es nicht unfair und unwissenschaftlich, wahllos Fakten aus den vier Evangelien herauszugreifen?
P. Williams: Wenn man ein einziges bildhaftes Porträt eines historischen Ereignisses darstellt, muss man sich der besten Quellen bedienen, die man hat. In diesem Fall sind das die vier Evangelienberichte. Christen glauben, dass die vier Evangelien miteinander ein gutes Bild davon vermitteln, was tatsächlich passiert ist. Aus diesen vier Texten kann man ein recht gutes vollständiges Bild der letzten Stunden Jesu skizzieren.
Gibson beabsichtigte außerdem nicht, eine Dokumentation über das Leiden und den Tod Christi zu machen, sondern vielmehr eine künstlerische Interpretation dieser Ereignisse, die auf historischen Fakten basiert, aber ihren spirituellen und theologischen Wert reflektiert. Er hat wiederholt bestätigt, dass „The Passion of the Christ“ seine persönliche Sicht der Passion reflektiert und nicht die einzig mögliche Sicht.
Was Mel hier tut, ist nichts Neues. Diese Vermischung von Elementen aus verschiedenen Evangelien hat eine lange Tradition. Die fromme Praxis, die „sieben letzten Worte“ Jesu am Kreuz zu meditieren, führt die unterschiedlichen Äußerungen Jesu am Kreuz aus den verschiedenen Berichten der Evangelien in eine einzige Meditation zusammen.
Die jahrhunderte alte geistliche Übung, die Kreuzwegstationen nachzugehen, zeigt ebenso den Gläubigen unterschiedliche Szenen aus den vier Evangelien sowie auch aus außerbiblischen Quellen. Das ist zum Beispiel beim Schweißtuch der Veronika so und auch beim Fall Jesu auf der Via Dolorosa, was Mel auch in den Film aufgenommen hat.